Verein Lipidinitiative Brandenburg
Artikel für Patient*innen und Interessierte
Statinunverträglichkeit
Dr. Peter Klein-Weigel
Statine besitzen ein schlechtes Image, was angesichts ihre unzweifelhaft großen Nutzens in der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse nicht gerechtfertigt ist.
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Neben Magen-Darm-Symptomen und Kopfschmerzen sind v.a. muskelbezogene Symptome wie Muskelschmerzen und Schwäche typische Beschwerden, die häufig geklagt werden. Ihre Rate liegt bei ca. 1-5%, wenn die Patient*innen nicht wissen, dass sie mit Statinen behandelt werden und bei ca. 10-15%, sobald die Verordnung wissentlich erfolgt.
Bereits hieraus lässt sich schließen, dass ein hoher Nocebo-Effekt („Nocebo“ bedeutet übersetzt „ich werde schaden“), hervorgerufen durch die Erwartungshaltung einer solchen Nebenwirkung, vorhanden ist.
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Krämpfe der Muskulatur sind keine typischen Nebenwirkungen von Statinen, werden aber oft Statinen angeschuldigt.
Es können Muskelschmerzen, Muskelentzündungen und gar ein Muskelzerfall auftreten. Die Muskelschmerzen unter Statinen weisen typische Charakterisitka auf:
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Ausprägung im Schulter- und Beckengürtel oder den körperstammnahen Extremitäten.
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Auftreten v.a. zu Beginn der Behandlung oder nach Dosiserhöhungen
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Häufig in Verbindung mit Triggererkrankungen wie z.B. Unfälle mit Weichteilzerstörung, Operationen, fiberhafte Infekte, Schilddrüsenfunktionsstörungen u.a.
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Nach Neuverordnung von Medikamenten, deren Abbauweg in der Leber mit dem der Statine identisch ist
Schwere Muskelnebenwirkungen wie der Zerfall der Muskulatur sind sehr selten.
Leberenzymerhöhungen sind weitere mögliche Nebenwirkungen. Diabetes mellitus trat unter der Einnahme leicht vermehrt auf. Demgegenüber kommt es nicht zu Störungen der Gedächtnisfunktionen oder anderer psychischer Funktionen.
Falls Sie unerwünschte Wirkungen unter der Einnahme von Statinen verspüren, kontaktieren Sie bitte umgehend ihren Hausarzt. Er wird dann überprüfen, ob ihre Annahme richtig ist. Bleibt der Verdacht bestehen, muss nach Ursachen gefahndet werden (Begleiterkrankung, Medikamenteninteraktion?) und es sollten Laboruntersuchungen veranlasst werden, die die Schwere klären (Bestimmung von Muskelenzymen im Blut, Leberwerte, Blutbild, Entzündungsparameter).
Wenn sie ein Statin nicht vertragen, heiß das nicht, dass Sie alle Statine nicht vertragen. Ihr Arzt wird entweder die Dosierung des Präparates zurücknehmen oder ihnen ein anderes Statin verordnen, das andere Abbauwege hat.
Bitte niemals eigenmächtig und ersatzlos Statine absetzen!
Sollten sie auch dieses Präparat nicht vertragen, besteht die Möglichkeit auf andere Präparate auszuweichen:
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Bempedoinsäure (NilemdoR, NustendiR) hemmt ebenfalls die Cholesterinbiosynthese in der Leber, aber nicht im Muskel und ist praktisch frei von Muskelnebenwirkungen
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Ezitimib (EzetrolR) ist ein Cholesterinresoptionshemmer, der an den Darmzellen wirkt
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PCSK-9-Hemmer sind Antikörper mit einem gänzlich anderen Wirkprinzip. Sie hemmen PCSK-9 und erhöhen so die LDL-Rezeptordichte auf der Leberzelle
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Inclisiran ist ein RNA-Molekül, das in der Leber die Produktion von PCSK-9 stört und ebenfalls keine Muskelsymptome verursacht.